Stolpern, Erinnern, Handeln

9. November Anlass für Gedenken an Hohen Neuendorfer Opfer des Nazi-Regimes

(10.11.2016)  Den historisch bedeutsamen 9. November nahmen die Mitglieder vom Geschichtskreis des Kulturkreises Hohen Neuendorf und weitere engagierte Bürger zum Anlass, die sieben Stolpersteine in der Stadt, die an Opfer des Nazi-Regimes erinnern, zu putzen.

In der Adolf-Damaschke-Straße 10 brachten Dr. Dietrich Raetzer, Dr. Horst Vogler, Lukas Lüdtke und die Oberschülerinnen Aimée-Sue Witt und Merle Bartkowski im Gedenken an den Schularzt Dr. Hugo Rosenthal, seine Frau Emma und die Tochter Elfriede die Steine erneut zum Glänzen.

Hugo und Emma Rosenthal

Von 1905 bis 1940 lebte Hugo Rosenthal in Hohen Neuendorf. Er selbst und seine Familie waren evangelische Christen, galten aber nach den Rassegesetzen der Nazis als Juden. In Folge von Enteignung, Berufsverbot und Demütigungen starb Hugo Rosenthal 1940 in Hohen Neuendorf. Den Nazis schutzlos ausgeliefert, wählte seine Frau Emma, als sie eine Deportation befürchtete, den Freitod. Auf dem kommunalen Friedhof gab es bis 1996 eine Familiengrabanlage. Als die Gemeinde das Familiengrab zu dieser Zeit abräumen ließ, erhoben sich kritische Stimmen.

Damals begann im Ort die intensivere Beschäftigung mit dem Schicksal der Rosenthals. Seither wurden Zeitzeugen befragt, Quellen studiert und in Archiven recherchiert. Beteiligt waren besonders der Geschichtskreis und das Stadtarchiv. Dabei wurde immer deutlicher, wie wichtig es ist, das Andenken an Hugo Rosenthal und seine Familie dauerhaft im Gedächtnis der Stadt zu bewahren. Bedeutende Schritte in diese Richtung sind seither die Benennung der heutigen Oberschule am 24. Februar 2006 und die Verlegung von Stolpersteinen vor dem letzten Wohnsitz des Arztes in der Adolf-Damaschke-Straße am 11. Oktober 2011. Lange zuvor schon hatte die evangelische Gemeinde in der Kirche eine Gedenktafel angebracht, mit der an die Gemeindemitglieder Emma Rosenthal und Ernst Flatow erinnert wird.

Alle Stolpersteine geputzt

Weitere Stolpersteine sind Hermann Jacks in der Erdmannstraße und seinen Eltern Ernestine und Georg in der Birkenwerderstraße gewidmet. Die jüdische Familie gründete Anfang der 1920er-Jahre einen Schrotthandel in Berlin. Hermann wurde, wie weitere 1,2 Millionen Juden, im Konzentrationslager Auschwitz im Jahr 1943 vergast.

In Borgsdorf erinnert ein Stolperstein im Fasanenweg an den jüdischen Rechtsanwalt Dr. Curt Eckstein, der zunächst ins KZ Ravensbrück verschleppt und von dort nach Auschwitz deportiert wurde. Diese Steine wurden von Mitgliedern der LINKE zum Glänzen gebracht.
Weitere Stolpersteine für Hohen Neuendorfer Opfer des Nazi-Regimes sind laut Dr. Raetzer bereits in Vorbereitung. [Text: Xenia Pekrul]

 

Foto links: Der für seine Dienste im 1. Weltkrieg vom Deutschen Kaiserreich hoch dekorierte Dr. Hugo Rosenthal.

Foto Mitte: Lukas Lüdtke, die Oberschülerinnen Merle und Aimée-Sue sowie Dr. Dietrich Raetzer (v.l.)

Foto rechts: Gedenktafel an Emma Rosenthal in der Evangelischen Kirche Hohen Neuendorf.