Grußwort des Bürgermeisters zum Jahreswechsel

Liebe Hohen Neuendorfer Einwohnerschaft,

in diesen Tagen kam eine junge Familie ins Rathaus. Die Eltern und vier Kinder im Alter von einem bis zu acht Jahren saßen geduldig im Wartebereich des Einwohnermeldeamtes. Es war halb zwölf, ihr Termin war erst um 14 Uhr. Sie waren früh gekommen, denn sie wollten alles kennen lernen und warteten bescheiden, bis sich ihnen jemand zuwandte. Sie sind zu uns gezogen und wollen bei uns ihr weiteres Leben aufbauen. So wie viele Familien seit 1990. Der Vater ist Fliesenleger und Sanitärinstallateur, die Mutter Krankenschwester und Hebamme. Sie möchten arbeiten, ein kleines Haus haben, Freunde finden und helfen, wo sie gebraucht werden. Sie haben vorher in Eisenhüttenstadt gelebt und davor in Syrien… Bei uns suchen sie Sicherheit und Freundlichkeit.

Als Mitarbeiter der Stadtverwaltung den Kindern Ausmalbilder und Buntstifte hinlegten, glänzte plötzlich der Geist von Weihnachten in den Augen dieser Kinder. Die Familie spricht ein wenig Englisch und erst wenige Worte Deutsch. Aber wir konnten uns auf Anhieb verständigen, denn wir sprechen die gemeinsame Sprache der Herzen. "Es gibt erfülltes Leben trotz vieler unerfüllter Wünsche", beschreibt der Theologe Dietrich Bonhoeffer – in Momenten wie diesem verstehe ich wieder einmal den Sinn dieser Worte.

Wir haben 2015 viele Anfragen beantwortet, die sich um Flüchtlinge drehten. Viele davon in dem Tenor: "Natürlich muss man helfen – aber nicht hier!" Menschen, die das sagen, fürchten, dass sich ihre vertraute Welt verändert. Das wird sie, aber es liegt an uns, ob uns dies reicher oder ärmer macht, selbst wenn es tatsächlich so sein sollte, dass wir ein wenig von unserem Wohlstand abgeben müssten. Die "Ware Weihnachten ist nicht das wahre Weihnachten", bringt es der Schweizer Schriftsteller Kurt Marti auf den Punkt. Umso mehr danke ich all jenen Mitbürgern, die mit offenen Herzen und tatkräftigen Köpfen und Händen daran mitarbeiten, dass unser Hohen Neuendorf ein Ort des Gemeinsinns und der Gemeinschaft ist und bleibt. Ich danke allen, die im Ehrenamt, in Bürgerbeteiligungsprozessen, in der Familie oder im Klimaschutz das Heute und die Zukunft aktiv mitgestalten, ohne auf den persönlichen Nutzen zu starren.

Niemand sollte sich fürchten, frieren oder hungern müssen, nicht Weihnachten und niemals. Wenn jeder nur das nimmt, was er braucht, und nicht, was er kriegen kann, dann reicht es für alle, auf der ganzen Welt.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen allen und der Welt Frieden sowie ein gesundes und glückliches Jahr 2016.

Ihr Klaus-Dieter Hartung,
Bürgermeister